Zoller

Vernetzter Fertigungsprozess von Sonderwerkzeugen

Digitaler Zwilling als Basis fur einen optimierten Produktionsprozess: Produktionsrelevante Daten von Zerspanungswerkzeugen digital zur Verfügung zu stellen, ist in vielen Bereichen zum Standard geworden. Dies wird seitens der lndustrie oftmals auch gefordert, um Bearbeitungsprozesse bereits im Vorfeld simulieren zu konnen. Für den österreichischen Werkzeughersteller Wedco Anlass genug, um auch individuelle Sonderwerkzeuge mit digitaler lntelligenz auszustatten. Von Ing. Robert Fraunberger, x-technik

Digitale Produktdaten zu liefern, diese zu verstehen und damit umzugehen, wird immer wichtiger, um wettbewerbsfähig zu bleiben. "Wir stellen die Produktdaten gern digital zu Verfügung - und zwar in DIN4003 bzw. ISO13399. Das ist absolut wichtig und wird seitens der Zerspanungsindustrie mehr und mehr gefordert", betont Horst Payr, Technischer Leiter und CTO bei Wedco Tool Competence, der ergänzt: "Der Trend, mithilfe von digitalen Zwillingen vor allem komplexe Fertigungsprozesse im Vorfeld zu simulieren, ist in der Branche klar erkennbar."

Intelligente Sonderwerkzeuge
Wedco bietet ein breites Programm an branchenspezifischen VHM-Werkzeugen. Aber auch die Herstellung von Sonderwearkzeugen inklusive deren Wiederaufbereitung ist für den österreichischen Zerspanungsspezialisten ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor: "Unsere Kunden schätzen die Möglichkeit, mithilfe von Sonderwerkzeugen Bearbeitungsprozesse weiter zu optimieren", begründet Payr.

Dem Trend folgend, hat Wedco deshalb auch seine Sonderwerkzeugproduktion auf digitale Beine gestellt. "Wir orientieren uns zunehmend an Kundenwünschen über individualisierte Sonderwerkzeuge. Dies erstreckt sich von der Anfrage, der Entwicklung bzw. Zeichnungs­erstellung über die Kalkulation bis zur automatisierten Fertigung inklusive Beschichtung, Lieferung und Wie­deraufbereitung. Basis für einen moglichst transparen­ten und optimalen Prozess ist dabei die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen innerhalb dieser Pro­zesskette", beschreibt Payr. Dabei muss laut Payr die Datenpflege bereits bei der Entstehung eines Sonderwerkzeugs abgebildet werden. "Mit dieser Thematik beschäftigen wir uns jetzt schon seit geraumer Zeit. Bereits 2018 haben wir unsere Softwarelösung Tool Identity vorgestellt." Mit diesem cloudbasierten Werkzeug-ldentifikationssystem lassen sich über QR-Code alle wichtigen Daten des Werkzeugs abrufen.

Datenpflege von Start weg Der eigentliche Prozess beginnt, wie bereits erwähnt, schon bei der ersten Anfrage des Kunden."Zu Beginn legen wir quasi eine Geburtsurkunde des geplanten Sonderwerkzeugs an. Diese enthält aufgrund des Engineering-Prozesses alle wesentlichen Para­meter wie Typ, Schaft- bzw. Stirndurchmesser, Länge, Phasenbreite, aber auch das verwendete Substrat, die spezifische Beschichtung, alle Prüfmaße, die Lebens­dauer, die Anzahl der Nachschleifvorgänge sowie na­türlich die 3D-Zeichnung. Diese Informationen werden dann sowohl in unserem ERP-System als auch automatisch in der Cloudlösung hinterlegt", geht Ing. Daniel Koitz, Produktmanager VHM-Werkzeuge bei Wedco, ins Detail.

Wenn die Zeichnungsfreigabe erfolgt bzw. der Auftrag erteilt ist, beginnt die eigentliche Produktion des Son­derwerkzeugs sowie eine Bedarfsmeldung im Produktionsmodul von Wedco. Als erster Schritt werden hier die Stücklisten der Werkzeuge (Anm.: grundsätzlich wird ein Sonderwerkzeug nie in der Stückzahl 1 produziert) von der Arbeitsvorbereitung überprüft und gegebenen­falls ergänzt bzw. wird die Produktion auf die passende Schleifmaschine eingeplant. "Auf einer Laufkarte wird der Produktionsvorgang dann mittels QR-Code automa­tisch hinterlegt", so Koitz weiter.

Automatisierter Produktionsvorgang
Erster Schritt der Produktionskette ist das Auslagern des in der Stückliste enthaltenen Materials mittels Bar­code-Scanner aus einem Shuttlesystem. Somit ist ge­währleistet, dass es zu keinen Verwechslungen kom­men und der Vorgang digital festgehalten werden kann. Danach folgen die ersten Produktionsschritte, welche allesamt mittels Laufkarte im System gescannt und abgespeichert werden. Zusätzliche Informationen können über EDV-Terminallösungen in der Produktion hinter­legt werden, wie beispielsweise Programmnummern an der Maschine oder weitere wichtige Fertigungsdetails.

Messvorgange automatisiert
Auch die fertigungsbegleitenden Messvorgänge sowie Qualitätssicherung ist bei Wedco in diesen automa­tisierten Kreislauf integriert: "Wir bieten unseren Kun­den eine 100-Prozent-Endkontrolle - das geht jedoch nur mit modernstem Equipment. Mit der High-End-­Messmaschine »genius 4«, in Kombination mit der Auto­mationslösung »roboSet 2« von Zoller, werden unsere Präzisionswerkzeuge nach dem Schleifvorgang vermes­sen, vollständig dokumentiert sowie ein Messprotokoll erstellt. Die Messmaschine ist im Maschinennetzwerk integriert, alle Auswertungen bzw. Messergebnisse werden daher digital zum Produkt und der Chargen­nummer hinzugefügt. Auf dem Werkzeugschaft wird mit einer Penteq-Laserbeschriftungsanlage ein QR-Co­de - ebenfalls vollkommen automatisiert - angebracht, mit dem das Werkzeug immer eindeutig identifizierbar bleibt", erklärt Horst Payr.

Falls das Sonderwerkzeug eine Beschichtung bekommt, wird dieser Vorgang nach der Fertigung ebenfalls automa­tisch ausgelöst."Etwaige Beschichtungsaufträge werden über das System automatisch generiert und als Bedarfsvorschau an den jeweiligen Dienstleister gesendet", so Payr weiter. Nach Rückerhalt der Werkzeuge durchlaufen diese bei Wedco einen finalen QS-Check, welcher ebenfalls digital zum Werkzeug und der Charge abgespeichert wird.

Wiederaufbereitung und Lebensdauer
Mit der Lieferung des Sonderwerkzeugs zum Kunden ist der Prozess jedoch nicht abgeschlossen, wie Horst Payr verdeutlicht: "Falls das Sonderwerkzeug seine Standzeit erreicht hat, bieten wir dem Kunden eine Wiederaufbereitung an. Das Werkzeug wird dann bei uns neu geschliffen und bei Bedarf neu beschichtet. Auch die Wiederaufbereitungsvorgänge werden im System erfasst und hinterlegt. Somit wissen wir immer, wie oft ein Werkzeug bereits wiederaufbereitet wurde, ob eine Entschichtung nötig ist bzw. wann das Lebensdauerende erreicht ist "Dass der gesamte Produktionsprozess bei Wedco nun digital nachvollziehbar ist, hat laut Payr entschiedene Vorteile: "Wir verfügen über einen abso­lut transparenten und rückver­folgbaren Prozess, wo Fehler vermieden und Durchlaufzeiten deutlich verringert werden. "Aber auch für die Kunden entsteht ein klarer Benefit. "Wir können den Produktionsstand eines Sonderwerkzeuges jederzeit abfragen und Lieferzeiten dadurch perfekt abstimmen. Falls das Werkzeug möglicherweise noch früher benötigt werden würde, könnten wir eventuell auch noch dementsprechend reagieren."

Transparenz für Kunden
Fur Wedco Tool Competence war der Schritt zur Digitalisie­rung der eigenen Fertigungs­prozesse ein absolut wichtiger, um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess voran­treiben und damit den Kun­den bestmögliche Werkzeugösungen bieten zu können. Das Unternehmen plant hier zuklünftig weitere Projekte, die durch den digitalen Workflow möglich werden: "In der Serienfertigung ist Prozesssicherheit ungemein wichtig. Mit unserer Tool Identity ist es zukünftig auch denkbar, dass der Kunde nicht mehr nur den Preis eines Sondenwerkzeugs bezahlt, sondern von uns eine Garantie über eine gewisse Bauteilanzahl erhält und somit mit einer fixen Pauschale kalkulieren kann", zeigt Payr abschließend weitere Möglichkeiten auf.