Zoller

Feuer Powertrain GmbH & Co. KG: Scheibenfräser schnell und exakt messen - 120 Zähne in 80 Sekunden

Was nach Zahnbehandlung im Akkord klingt, beschreibt tatsächlich die nächste Generation der Werkzeugvoreinstellung. Mit dem Gerät »gemini« von ZOLLER spart Kurbelwellen-Guru Feuer Werkzeugkosten und vor allem Zeit.

Fikret Ersindigil sprüht vor Energie. Seine gute Laune steckt an. Kein Wunder: Denn erstens ist er gebürtiger Kölner, und zweitens ist beim Kurbelwellenspezialist Feuer Powertrain in Nordhausen von Krise tatsächlich kaum etwas zu spüren. Nur eine kurze Episode gab es im letzten Jahr, als mal kurzgearbeitet wurde, aber das ist schon wieder weit weg. Inzwischen stimmt die Auftragslage, gearbeitet wird im modernen 21-Schicht-System. Ersindigil ist für Prozessoptimierung und Toolmanagement verantwortlich. Wie man mit Kurbelwellen erfolgreich ist,wissen er und seine Mitarbeiter.

Königsdisziplin Kurbelwelle

Die Firma Feuer gibt es erst seit Februar 2002. Inzwischen arbeiten 210 Mitarbeiter und 35 Auszubildende in drei Werken. Der Anteil an Auszubildenden ist deshalb so hoch,weil man Probleme hat, gute Leute zu finden und deshalb den Nachwuchs lieber gleich selbst ausbildet. Für die Fertigung hat Feuer in zwei hochautomatisierte Kurbelwellentransferstraßen investiert. Bis zu 300000 Kurbelwellen mit einer Länge bis 800 mm können jeweils in den ersten beiden Werken jährlich produziert werden, im dritten 50000 Wellen mit einer Länge bis 1300 mm. Dabei vergibt die Firma nichts nach außen – jede Bearbeitung, inklusive Wärmebehandlung, wird vor Ort gemacht. Jede einzelne Kurbelwelle ist durch eine lückenlose Fertigungsdokumentation rückzuverfolgen. Viele Verfahren werden für die Königsdisziplin Kurbelwellenfertigung eingesetzt:Drehen, Fräsen, Tieflochbohren, Fest- und Richtwalzen, gerades und schräges Zahnradstoßen, -fräsen, -schleifen und Gewindeschneiden sind nur einige von den in Nordhausen installierten Verfahren.

Die hohe Fertigungstiefe, verbunden mit großer Flexibilität, sei der entscheidende Vorteil, erklärt Ersindigil:»Wir können innerhalb von sechs Wochen ein komplett neues Produkt liefern – das kann bei Kurbelwellen sonst keiner. Deshalb geht es uns im Vergleich zur Konkurrenz gut. VW fragte letztes Jahr an: ›Wenn ihr uns diese Kurbelwelle in sechs Wochen liefert, kriegt ihr den Auftrag.‹ Als wir pünktlich und einwandfrei lieferten, waren die überrascht und sagten: ›Wir hätten da noch was, wollt ihr’s noch mal versuchen?‹«

Für dieses Alleinstellungsmerkmal hat die Geschäftsführung keine Kosten gescheut und Spezialisten aus ganz Europa nach Nordhausen geholt. Man fertigt nicht in Riesenstückzahlen wie bei VW oder in der Zulieferbranche. Die üblichen Projekte bewegen sich zwischen 50000 und 100000 Stück.Dazwischen gibt es Prestigeprojekte wie die 1000 Wellen für den Audi Q7 12-Zylinder. Ziel ist aber, neben der Automobilbranche noch andere Branchen zu bedienen. Deshalb gehören zu den Kunden neben den großen Automobilisten wie Audi, Ford und GM auch MTU oder Liebherr.

Einen entscheidenden Beitrag an Feuers Erfolg haben die Partner, mit denen man eng zusammenarbeitet. Dazu gehört seit Beginn auch das Unternehmen Zoller aus Pleidelsheim. Die Werkzeugvoreinstellung wird nur mit Zoller-Geräten vorgenommen, seit einem knappen Jahr steht das Einstellgerät Gemini für das Messen von Kurbelwellenfräsern bereit.Vertriebsmann Christian Theis (Bild 1) war immer dabei, wenn neue Projekte bei Feuer gestartet wurden: »Zum Beispiel beim Werk 2: Da wurden neue Maschinen bestellt, und gleichzeitig fragte man uns:Wie können wir die Prozesse noch schneller machen? Mit Gemini hatten wir die richtige Lösung für die Kurbelwellenfräser.«

Vertikale Spindel, einfache Montage

Der Name Gemini steht für eine vertikale Anbringung der Werkzeugaufnahmespindel, die mit CNC-Antrieb und Autofokus ausgestattet ist. Die Neuheit liegt in der ergonomischen Anordnung und Aufnahme der Kurbelwellenfräser (Bild 2). Die Werkzeugschneiden können leichter montiert, ein- und nachgestellt sowie vollautomatisch gemessen werden. Werkzeuge bis einen Meter Durchmesser können aufgenommen werden. Nach dem Einstellvorgang führt Gemini eine vollautomatische Prüfung des Fräsers aus und dokumentiert die Ergebnisse in einem Messprotokoll.Diese automatische Dokumentation und die Archivierung für Wiederholaufträge erledigt die auf Gemini abgestimmte Software Pilot 3.0. Das Messprogramm Zoller Fokus 360°i misst bei einem Fräser mit 120 Schneiden in 80 s das Größtmaß in Z und X, Schneidenwinkel, Schneidenradius, Schneidhöhenschlag und Rundlauf – die richtige Lösung also für die Kurbelwellenfräser mit vier Reihen à 74 Schneiden, die bei Feuer im Einsatz sind.

Wird ein Werkzeug zum Messen eingespannt, gibt der zuständige Mitarbeiter die Werkzeugnummer ein und kann so auf die Daten zum Messen zugreifen. Das Datenblatt zum Werkzeug enthält alle wichtigen Parameter.Ab dann misst Gemini vollautomatisch – nur mit dem Vorwissen, wie viele Schneiden das Werkzeug hat (Bild 3). Die große Herausforderung dabei ist, dass die Verteilung der Schneiden auf 360 ° nicht exakt ist. »Bei einem neuen Werkzeug ist das kein Problem«, erklärt Ersindigil. »Die einzelnen Kassetten auf einem neuen Fräser sind einigermaßen gleichmäßig verteilt. Nach und nach müssen die aber ausgewechselt werden. Es kommt mal eine andere Charge rein. Dann ergeben sich immer wieder minimale Teilungsfehler (Bild 4). Da hatten wir mit dem älteren Gerät keine Chance! Aber Gemini sind andere Chargen oder Toleranzen egal – das Ergebnis stimmt.«

Käfer gegen Ferrari oder: zwei Minuten statt zwei Stunden

Der eminente Zeitunterschied zum bisher eingesetzten Gerät wird im direkten Vergleich sichtbar: Derselbe Fräser wird einmal auf dem älteren Gerät und einmal auf Gemini vermessen. »Das reine Vermessen dauert an dem bisherigen Gerät eineinhalb bis zwei Stunden.Danach müssen die einzelnen Schneiden, die außerhalb der Toleranz liegen, vom Mitarbeiter manuell angefahren werden. Gemini braucht für den gesamten Vorgang eineinhalb Minuten und fährt die entsprechenden Positionen danach vollautomatisch an«, erläutert Ersindigil.

Theis zeigt das Messprotokoll, in dem die Werte außerhalb der Toleranz rot gekennzeichnet sind (Bild 5). Möchte der Mitarbeiter sich die spezielle Schneide näher anschauen, wird der Fräser automatisch in die richtige Position gebracht. Ersindigil: »Das ältere Gerät hat zwar auch die Werte rausgebracht, mit denen wir arbeiten können. Aber die Zeit macht den Unterschied. Das ist, als würde man einen Käfer mit einem Ferrari vergleichen: Da liegen Welten dazwischen.«

Dazu gehört auch die Kenntnis, dass bei Feuer in der Werkzeugvoreinstellung so gut wie gar nicht mit Absolutmaßen gearbeitet wird, sondern die Daten zu Planund Rundläufen die entscheidenden sind. Der Rest wird nämlich an der Maschine korrigiert. Theis kennt auch die anderen Fälle: »Es gibt Hersteller, die ihre Werkzeuge so einstellen, dass an der Maschine auf keinen Fall mehr korrigiert werden muss – oder besser gesagt: darf. Denn häufig stehen an der Maschine keine Facharbeiter, sondern angelernte Kräfte. Das ist bei Feuer anders.« Alle Werkzeugdaten auf den Zoller-Geräten werden automatisch gespeichert. Das Datenblatt eines Werkzeugs kann bei Bedarf aufgerufen und verändert werden. Es gibt auch die Möglichkeit, die Daten auf einen Chip abzuspeichern und direkt an die Maschinensteuerung weiterzugeben. Allerdings wird das bei Feuer bisher nur bei Drehwerkzeugen genutzt.

Für das Toolmanagement nutzen Ersindigil und seine Mitarbeiter eine Datenbanklösung von Coscom. Der Vorteil eines umfassenden Toolmanagements, wie dies zum Beispiel auch Zoller anbietet, ist, dass man damit weit mehr als nur Werkzeugdaten verwalten kann. Maschinen, Antriebe, Steuerungen werden so ebenfalls organisiert. Ersindigil erinnert sich: »Als wir vor sieben Jahren angefangen haben, hat ein Werkzeughersteller für uns das Toolmanagement übernommen.Wir brauchten damals als sehr junge Truppe Know-how von außen. Nach einiger Zeit waren wir mit der Lösung aber nicht mehr glücklich – wir wollten effizienter werden. Wir kannten inzwischen die Stärken der einzelnen Werkzeughersteller,und nur mit eigenem Toolmanagement waren wir unabhängig, konnten genau das bestellen, was wir brauchen.«

Schnittstellen zwischen Messdaten und Toolmanagement

Eine Schnittstelle zwischen der Coscom-Software und Pilot 3.0 sorgt für eine lückenlose Archivierung. Für Theis ein bekanntes Thema: »Zoller bietet zwar auch ein ebenso umfassendes Toolmanagement an, aber wir sind offen, wenn der Kunde bereits mit einer anderen Lösung arbeitet.Die Schnittstellen funktionieren einwandfrei. Die Werkzeugstammdaten werden in der Coscom-Software gepflegt, und unser Messprogramm holt sich die Informationen. Umgekehrt werden unsere Änderungen aus den Messungen zurückgespeichert.«

Mithilfe von Zoller ist die Firma Feuer an den richtigen Stellen flexibel. Circa 3000 Werkzeuge werden hier wöchentlich vermessen, und die nächsten Aufträge sind schon in der Pipeline. »Flexibilität ist unbezahlbar«, betont Ersindigil nochmals. »Auch unsere Werkzeughersteller wissen inzwischen, wie wir ticken: Unsere Werkzeuge, die normalerweise Lieferzeiten von acht bis zehn Wochen haben, brauchen wir in drei.« Wenn die Zusammenarbeit so läuft,muss die Laune ja gut sein.